Mit dem Frühling beginnt eine Zeit des Erwachens, sowohl für die Natur, die Tiere als auch für den Menschen. Die Tage werden länger von der Sonne verwöhnt, die Temperaturen steigen an und die Landschaft im Hohen Venn und in der belgischen Eifel zeigt sich in einem neuen Kleid.
Weit über die Grenzen hinaus bekannt sind die wunderschönen und einzigartigen Wildnarzissen, die viele Felder am Fuße des Hohen Venn im April in eine wahre Blütenpracht verwandeln. Ist es nicht ein besonderes Erlebnis, dieses Schauspiel aus der Nähe zu betrachten? Viele Naturorganisationen bieten in diesem Zeitraum geführte Wanderungen an, die durch sanftgrüne Wiesen und Felder, und vorbei an lustig plätschernden Bächen führen und bei denen der Wanderer so richtig frei durchatmen kann.
Narzissenwanderungen
Narzissenwiesen in Ostbelgien
Ein berühmter Magnet der ostbelgischen Naturschutzgebiete und Feuchtwiesen entfaltet jedes Frühjahr seine Strahlkraft: Die Gelbe Wildnarzisse (Narcissus pseudonarcissus) taucht die Bachtäler in ein Blütenmeer. In der Eifel, an den Rändern des Hohen Venns und in den Tälern der Warche und Holzwarche erblühen wildwachsende gelbe Narzissen ab Mitte April zu hunderttausenden in einem der letzten aber auch größten Vorkommen in Mitteleuropa. Da das Naturwunder nur wenige Wochen dauert und sehr vom Klima abhängt, sollte man den richtigen Zeitraum nicht verpassen, um es vor Ort zu erleben.
Wo blühen Narzissen?
In den Bachtälern des Naturschutzgebietes der Holzwarche, zwischen den Ortschaften Rocherath und Mürringen, liegt eines der bedeutendsten letzten Refugien der Gelben Wildnarzisse, wo sie jährlich zwischen April und Mai mit über zehn Millionen Blüten ein besonderes Naturschauspiel bietet. Zu finden sind die Blüten auch am Rande des Hohen Venns und der Region von Kelmis.
Ursprünglich hatte die Wildnarzisse im westlichen Mitteleuropa ihr Verbreitungsgebiet. Ihr Verbreitungsschwerpunkt findet sich in atlantisch geprägten Landschaftsräumen mit hohen Niederschlagssummen. Ihr natürlicher Lebensraum sind kalkarme, magere Feuchtwiesen.
Was sind Narzissen?
Die Narzisse kennen die meisten Menschen als Osterglocke aus dem Vorgarten oder auch als Schnittblume aus dem Handel. Wie es ist, wenn die Narzisse als wildwachsende Art Bachtäler mit ihrer gelben Blüte verzaubert, kann sich kaum jemand vorstellen. Denn als Wildpflanze ist die Narzisse in ihren Beständen stark bedroht und daher streng geschützt. Die Gelben Wildnarzisse zählt zur Familie der Amaryllisgewächse. Sie ist kleiner als die Osterglocke aus dem Stadtpark. Markant sind ihre sechs gelben Blütenblätter und ihre Glocke in der Mitte. Die dunkelgrünen Blätter sind hart und spitz. So können sie sich im Frühjahr selbst durch harte, gefrorene Böden stoßen. Ihre großen Samen verbreitet die Wildnarzisse durch Wassertransport und durch Ameisen.
Wann und wo blühen Narzissen?
Die Gelbe Wildnarzisse blüht gewöhnlich zwischen Anfang April und Anfang Mai. Jahrzehntelang wurden die Wiesenflächen auf den Feuchtwiesen für die Heugewinnung genutzt. Zur jährlichen Düngung der Wiesen legten die Bauern so genannte Flüxgräben hangparallel an und bewässerten die Flächen mit schwebstoffhaltigem Bachwasser. So gediehen blumenreiche Feucht- und Sumpfwiesen mit Bärwurz und gelben Narzissen. Mit dem Einsatz des Kunstdüngers nach dem Zweiten Weltkrieg lohnte sich die Bewirtschaftung der Wiesenflächen nicht mehr. Die Bachtäler wurden mit Fichten aufgeforstet oder intensiv als Grünland genutzt. Die dunklen Fichtenwälder ließen der Gelbe Wildnarzisse keinen Lebensraum. 1978 wurde ein Naturschutzgebiet ausgewiesen, um die Bachtäler im Bereich der Holzwarche zu schützen. In den 80er Jahren bemühte sich der Naturschutz, der Narzisse durch Renaturierung ihren Lebensraum zurückzugeben. Fichten wurden in den Tälern entfernt, so dass der Artenreichtum wieder zunehmen konnte.
Sind Narzissen geschützt?
Die Hauptgefährdung der Wildnarzisse ergibt sich durch intensive Landnutzungsformen. Eine Gefährdung würde in diesem Fall auch eine natürliche Entwicklung dieser Flächen bedeuten. Verbuschung und Waldwuchs würden die Narzisse verschwinden lassen. Narzissenwiesen benötigen wie Orchideenwiesen und ähnliche Wiesen regelmäßigen Schnitt zu bestimmten Jahreszeiten - zwischen Ende Juli und Anfang August, da sie sonst auch durch einwuchernde hohe Stauden und Gehölze bedroht sind.
Geführte Wanderungen
Geführte Wanderungen sowie ein Narzissenfest bietet die Naturschutzvereinigung Natagora/BNVS an. Weitere geführte Wanderungen gibt es im Naturparkzentrum Botrange sowie im Naturzentrum Haus Ternell.
Wichtig: Halten Sie sich bitte auch zur Blütezeit der Wildnarzisse unbedingt an das Wegegebot. Die Natur und folgende Gäste werden es Ihnen danken. Die Narzissen stehen unter Naturschutz. Diese dürfen weder gepflückt noch mit der Zwiebel herausgerissen werden. Deshalb sollte man sie in ihrem natürlichen Umfeld stehen lassen, wo sie am besten zur Geltung kommen.