Venntrilogie, drei Wanderrouten für grenzenlose Verbindung in der Natur
Der Fernwanderweg Venntrilogie ist ein neues Angebot für Wanderer in Ostbelgien und umfasst drei Wegabschnitte. Wanderer können so drei Regionen entdecken: die Region im Norden mit Wiesenwegen und Hecken, die Region des Hohen Venns und die Region rund um Bütgenbach mit ihren Seen.
Interview mit Projektleiter Jef Schuwer zum neuen Fernwanderweg Venntrilogie.
Text: Ostbelgien.eu Fotos: Michel Dehaspe | Chris_Eyre_Walker_Interreg_EFRE
"Die Wanderroute Venntrilogie soll das perfekte Schaufenster für die Region werden. Wie die Vennbahn sich auf Radfahrer konzentriert, so wollen wir mit der Venntrilogie ein Gegenstück für Wanderer schaffen", erzählt Jef Schuwer, Projektleiter der Venntrilogie. Radfahrer fahren gern auf glattem Asphalt, Wanderer machen lieber einen breiten Bogen darum. Es hat uns viel Zeit und Energie gekostet, eine schöne und qualitative Route zusammenzustellen, mit der wir die Diversität der Region präsentieren können."
Drei Wanderungen kombiniert
„Für die Zusammenstellung der Wanderroute durchquerten wir die Region zu Fuß und auf dem Mountainbike. Wir haben uns für diese Route entschieden, weil hier drei ganz unterschiedliche Naturlandschaften ineinander übergehen. Die drei Wanderungen bilden ein schönes Ganzes, sind aber auch jede für sich interessant. Die Dreiergruppe ist auch in Kunst und Literatur häufig zu beobachten, weil sie eine gewisse Dramatik in sich birgt. Unser lokaler Künstler Boris Servais illustrierte das begleitende Wanderbuch mit wunderschönen Schwarz-Weiß-Zeichnungen“, fährt Jef fort.
„Der erste Teil der Wanderroute läuft durch den Norden Ostbelgiens, vom Dreiländereck bei Kelmis bis nach Eupen. Dort wandert man durch grüne Landschaften und vor allem Wiesen, die eine sehr liebliche und ländliche Umgebung bilden. Die Höhenunterschiede sind nicht besonders groß und es gibt ein reiches Kulturerbe zu entdecken.
Im zweiten Teil geht’s bergauf in das Naturreservat Hohes Venn. Hier kann man entlang historischer Wanderwege in ein intensives Naturerlebnis eintauchen. Man steigt nach oben, über die Wiesen hinaus, und plötzlich wähnt man sich auf dem Mond. Wir haben die Infrastruktur erneuert, wodurch die Wege nun für Wanderer gut zugänglich sind. Über den Wasserfall von Bayehon erreicht man schließlich Malmedy, wo der dritte Teil der Wanderung beginnt.
Der letzte Teil der Venntrilogie führt durch das Warchetal zur Burg Reinhardstein. Wir setzen unseren Weg am Ufer des Stausees von Robertville fort, um schließlich Bütgenbach zu erreichen“, schließt Jef. Die Wanderroute ist in beide Richtungen beschildert, man kann also auch von Bütgenbach zum Dreiländereck wandern.
Leading Quality Trail – Best of Europe
„Wir begannen mit der Idee, bestehende Routen miteinander zu verbinden. In Zusammenarbeit mit unseren touristischen Anbietern entwickelten wir Reiseangebote mit Gepäcktransport, Lunchpaketen, Übernachtungen. Wir wollen es für die Wanderer so einfach wie möglich machen, damit sie die Route ohne Wanderkarte zurücklegen und die Erfahrung maximal genießen können.“
„Wir haben das Label Leading Quality Trail – Best of Europe erhalten. Die historischen Wege, über die die Route führt, sind unser Trumpf. Die lokale Bevölkerung benutzte diese Wege früher, zum Beispiel, um zur Kirche zu gehen. Dank des Labels werden die Wege geschützt und können erhalten werden.“
Projektleiter Jef Schuwer
Eine Wanderroute von 109 Kilometern, die die Region verbindet
„Wir haben eine faszinierende Region voller interessanter Geschichten und mit einer komplexen Vergangenheit. Während meiner Vorbereitungen für die Route stieß ich auf viele interessante Anekdoten. Wenn man weiß, wer in den Häusern oder Schlössern gewohnt hat, wird die Geschichte des Gebäudes, vor dem man steht, plötzlich zum Leben erweckt. Diese übergeordnete Geschichte wollten wir erzählen. Denn wenn man als Gast einige Tage in der Region verbringt, ist es interessant, etwas über die lokalen Bewohner zu erfahren.
So entstand die Idee, ein Buch zusammenzustellen, in dem die lustigsten und tragischsten Geschichten aus der Region mit allen praktischen Informationen über die Wanderrouten kombiniert werden“, führt Jef weiter aus.
„Ich habe es wirklich genossen, die Grenzenlosigkeit unserer Region zusammen mit Boris Servais darzustellen. Die Region ist in Bezug auf Kultur und Natur sehr unterschiedlich. Die Sprachgrenzen und Landschaften, die man während der Wanderung durchquert, sind ein gutes Beispiel dafür.
Als Wanderer frühstückt man auf Deutsch und abends bestellt man sein Bier auf Französisch. Unsere brandneue Wanderroute verbindet die Region, mit all ihren kulturellen Unterschieden.“
Illustrator Boris Servais erweckte die Geschichte rund um die Wanderroute Venntrilogie zum Leben:
„Die Verbundenheit mit den Menschen und der Region war eine starke Motivation dazu“.
Illustrator Boris Servais lieferte die Illustrationen für die neue Wanderroute. Er ist aufgewachsen in Eupen, wo Weser und Hill zusammenfließen.
Eupen : Stadtzentrum und Region
Zahlreiche Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie Patrizierhäuser schmücken Eupens Innenstadt. Sie zeugen vom einstigen Reichtum der ehemaligen Tuchmacher. Der angrenzende Hertogenwald und das Naturschutzgebiet Hohes Venn – ein wunderschönes Ziel zum Wandern oder Radfahren – sind von Eupen einfach zu erreichen. Auf gastronomischem Gebiet gibt es zahlreiche Restaurants und einige großartige Biere werden in der Region gebraut.
Existentielle Kunst
Boris Servais erzählt: „Ich bin Illustrator und Mitbegründer von Poste Aérienne, einem Kollektiv deutscher und belgischer Künstler, das sich zeitgenössischer Illustration widmet. Das Element Wasser hatte in zweien meiner Projekte eine Bedeutung. Bei den Wanderungen der Venntrilogie ist das Wasser in Form der Flüsse, Bäche und Seen präsent.
Eine ganz andere Rolle spielte das Wasser im Rahmen meiner Ausstellung Fluid, die im Kontext der katastrophalen Überschwemmungen 2021 entstand. Meine Wohnung, in der ich einen Teil meiner Werke aufbewahrte, stand damals unter Wasser. Farben liefen von einer Illustration in die andere, oder schlugen auf darunter liegende Blätter durch. Das Seltsame war, dass das Wasser die Werke nicht zerstörte, sondern ihnen eine neue Dimension verlieh. Ich fand eine Möglichkeit, in diesen ,zerstörten‘ Stücken neue Werke zu sehen. Statt in dieser Situation eine Opferrolle einzunehmen, betrachtete ich diese eigentlich traumatische Erfahrung als eine Gelegenheit zur Transformation.“
Ostbelgien, ein sicherer Hafen
„Ich bin in Raeren und Eupen aufgewachsen und vergleiche unsere Region gelegentlich mit einem Hafen. Durch die Nähe zum Dreiländereck sind wir in ständigem Austausch mit den benachbarten Ländern und Regionen. Aus diesem interregionalen Austausch heraus entwickelten wir eine eigene Identität, eine Lebensweise und Genusskultur“, erklärt er lächelnd.
Doch auch landschaftlich hat die Region viel zu bieten. „Das leicht hügelige Eupener Land eignet sich für Wanderungen oder Radtouren. Der Charme der Flüsse Hill und Weser, die Täler, der Geruch des Regens im Herbst oder der Blumen, die im Frühling die Wiesen in verschiedene Farben tauchen, all das verleiht der ostbelgischen Landschaft ihren Charakter.“
Ich habe in diesen Anekdoten ein Stück ostbelgische Geschichte entdeckt.
Venntrilogie : die Wiederentdeckung der Geschichte in Zeichnungen
„Das offizielle Wanderbuch der Venntrilogie enthält zahlreiche Erzählungen zu historischen Persönlichkeiten, die in der Gegend lebten oder diese bereist haben. Ich habe in diesen Anekdoten ein Stück Geschichte Ostbelgiens entdeckt. Die Verbundenheit mit der Region und die Liebe zum Detail haben mich motiviert, Schauplätze der Erzählungen zu besuchen, bevor ich mit den Illustrationen begann.”
„Die Illustrationen auf den Informationstafeln zu den Wegabschnitten bilden die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Wanderweges ab – etwa das Wahrzeichen einer Stadt, ein historisch bedeutsames Schloss, oder ein Naturereignis im Streckenverlauf. Die Buchillustrationen hingegen beleuchten die Geschichten hinter diesen Sehenswürdigkeiten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Menschen, die in dieser Gegend lebten, diese bereisten oder markante Bauwerke der Region vorantrieben. Außerdem werden einige Volksmärchen beschrieben, wie zum Beispiel über die Zwerge, die im Warchetal lebten.“
„Illustriert wurden diese Geschichten durch schwarz-weiße Tuschezeichnungen. Diese verleihen den sehr vielfältigen Erzählungen im Wegführer ein einheitliches Erscheinungsbild und werden gleichzeitig der landschaftlichen Vielfalt Ostbelgiens gerecht.“