Guck mal, was da wächst...
Rings um das Flüsschen Holzwarche in Ostbelgien erstreckt sich ein wunderschönes Naturschutzgebiet, ideal zum Wandern für Jung und Alt. Besonders viel Spaß macht das mit einem Führer des örtlichen Naturschutzverbands.
Text: Thomas Zwicker Fotos: Jochen Tack
Holzwarchetal: Natur auf der Spur: Im Holwarchetal wachsen viele seltene Gräser.
Die Wasserbüffel sind hier, um bei der Landschaftspfege zu helfen.
Diese vier Wasserbüffel ruhen sich in aller Ruhe von der Landschaftspflege aus.
Was wächst denn hier? Bei den vielen geführten Wander ungen durch die Natur lernt die ganze Familie Namen und Eigenheiten der Pflanzenwelt kennen.
Vom erhöht laufenden Wanderweg aus ist alles gut zu sehen. Unten am Flüsschen Holzwarche lagert eine kleine Herde von Wasserbüffeln. Eins der mächtigen Tiere wälzt sich gerade genüsslich am feuchten Ufer. „Die Wasserbüffel sind hier, um bei der Landschaftspflege zu helfen – sie fressen die Sträucher weg, die sonst überhand nehmen würden“, sagt Alexander Rauw von der ostbelgischen Naturschutzorganisation Natagora/BNVS.
Der studierte Landschaftsarchitekt Rauw ist Naturführer und wandert mit Vater Jörg und seinen beiden Töchtern Claire und Olivia durch das Holzwachetal. Start ist bei der Enkelberger Mühle in Büllingen. Von da aus führt der etwa fünf Kilometer lange Rundweg über Rocherath nach Mürringen. Die Route folgt in weiten Teilen dem Flusslauf, der allerdings nicht immer leicht zu erkennen ist, oft versperren Bäume und Sträucher den Blick. Was nicht das Gerings-te ausmacht, weil Alexander Rauw den Kindern und ihrem Vater mit Liebe zum Detail die Flora und Fauna erklärt.
Am Wegesrand wachsen viele seltene Pflanzen
Die Holzwarche, deren gesamter Lauf in einem relativ naturnahen Zustand erhalten geblieben ist, entspringt auf einer Höhe von 660 Meter in dem kleinen Ort Losheimergraben direkt an der deutsch-belgischen Grenze, fließt dann in nordwestlicher Richtung und mündet in den Stausee von Bütgenbach. Seit 1978 entstand hier ein Schutzgebiet, das heute rund 80 Hektar umfasst – als Vorzeigeobjekt des Naturschutzvereins Natagora/BNVS (Belgische Natur- und Vogelschutzgebiete).
Unglaublich, was da alles am Wegesrand wächst. Der aromatische Bärwurz zum Beispiel oder der Große Wiesenknopf, der etwas an Himbeeren erinnert und bis zu einem Meter hoch werden kann (eine Lieblingspflanze von Alexander). Die Schmalblättrigen Weidenröschen (pink) und die Rundblättrigen Glockenblumen (blau). Mädesüß, Schwarze Flockenblume, Wiesenknöterich, Blutauge und andere Arten sorgen zu ver-schiedenen Jahreszeiten für große Blütenpracht.
„Schaut mal!“ - Wer mit einem Naturführer wandert, entdeckt seltene Vogelarten.
Es grünt so grün - der Torfboden sorgt für besonders saftige Wiesen.
Der Oberlauf der Holzwarche dient als eine Art natürlicher Wasserspeicher, selbst im Hochsommer bleibt es aufgrund vieler Quellaustritte ständig feucht. Der Moorboden funktioniert da-bei wie ein Schwamm, der große Wassermengen speichert. Feuchtheiden und -wiesen, Moorbirkenwälder, Niedermoore mit Wollgräsern und Moorlilien sowie Borstgrasrasen gedeihen deshalb prächtig. An manchen Talhängen ist die bio-logische Vielfalt außerordentlich groß, so wurden auf weniger als zwei Hektar Wiesenfläche mehr als 190 Pflanzenarten nachgewiesen, darunter etliche gefährdete Spezies.
Zudem leben hier viele seltene Vogelarten, darunter Tannenhäher, Fichtenkreuzschna-bel und Raufußkauz. Die Gebirgsstelzen suchen nach Insekten am Fluss, Eisvögel gehen auf die Jagd nach kleinen Fischen. Die Augen der Kinder weiten sich, als ihr Blick auf einen Schmetterling fällt, den Alexander Rauw für sie in einem Netz gefangen hat.
Die Pflanzenvielfalt macht das Holzwarchetal zu einem wahren Schmetterlingsparadies.
Jedes Jahr im April steigt das Narzissenfest
In einer Schutzhütte am tiefsten Punkt des Tals wird Rast gemacht, von der Brücke über den schmalen Fluss lassen sich gut die Fische im Wasser beobachten. Nun beginnt der Rückweg, über Schotterpfade hinauf zu einem Höhenzug mit schönem Blick über das Tal, dann vorbei an knorrigen Bäumen und Weiden. Der letzte Abschnitt führt durch dunklen Wald. Ein letztes Mal wird die Holzwarche überquert, dann ist die Rundtour zu Ende. Papa und die Kinder sind ein wenig erschöpft, aber glücklich.
Warum Alexander Raux seinen Beruf so liebt? „Es ist eine große Freude, die Ruhe und die Landschaft zu genießen. Und zwar zu allen Jahreszeiten, die hier noch sehr ausgeprägt sind.“ Während des Sommers findet man im Tal Abkühlung. Der Herbst bietet eine leuchtende Farbenpracht, und im Winter legt sich nicht selten eine 50 Zentimeter hohe Schneeschicht auf die Landschaft. „Besonders spektakulär aber ist der Frühling“, sagt Alexander Rauw. Dann leuchten entlang der Holzwarche bei Rocherath die Narzissenfelder. Viele Hektar Wiesenland sind dann von einem gelben Blütenteppich überzogen, Das gibt Anlass für das Narzissenfest bei der Enkelberger Mühle, das die Natagora jedes Jahr Mitte April veranstaltet. Danach kehrt wieder Ruhe ein im Holzwarchetal. Zu hören sind dann nur noch Naturgeräusche und manchmal die Schritte der Wanderer.
Immer am Wasser entang – Wanderer überqueren unterwegs viele Bachläufe.
Auf Tuchfühlung mit der Natur: Vom Wegesrand aus lässt sich die Pflanzenvielfalt bestaunen.
Naturführer Alexander Rauw hat immer ein Netz dabei, um Schmetterlinge einzufangen. So kann er prüfen, wie es um die Artenvielfalt bestellt ist.
Lehrpfade & Genusstouren
Wer draußen in der Natur gerne Wissen sammelt, für den sind auch die kurzen, informativen Lehrpfade interessant, die sich ganz verschiedenen Themen widmen – die meisten Touren machen der ganzen Familie Spaß. Durch besonders eindrucksvolle Lanschaften wiederum führen die Genusstouren, die in Ostbelgien ausgewiesen worden sind.