Von Kelten und Glücksrittern – eine Wanderung durch den Wolfsbusch
Julius Caesar, Zwerge und die Kelten: Ihnen allen begegnet man auf der knapp zehn Kilometer langen „Genusstour Flussgold“ durch den Wolfsbusch. Einige haben in dem mystischen Waldgebiet bei Montenau ihre Spuren hinterlassen, andere nur ihre Geschichten.
Text: Anna Monterroso Carneiro Fotos: Udo Bernhart
"Gleich wird es ein bisschen steil“
, sagt Erik so laut, dass die Vögel in der Umgebung erschrocken schweigen. Wir stehen auf dem Kamm des Wolfsbuschs, einem über 1.000 Hektar großen Waldgebiet in Ostbelgien. Um uns herum kahle Fichtenstämme, deren Äste meterhoch über uns im Wind knarzen, wilde Waldbeeren und … eine Stille, die nach dem lauten Vogel-Gezeter eindrucksvoll nachhallt. Nach kürzester Zeit nehmen die Vögel ihre Unterhaltungen wieder lautstark auf.
Und Erik spricht leiser – wir sind hier schließlich nur zu Gast. Heute wandern wir die „Genusstour Flussgold“, einen neun Kilometer langen Rundweg, der von Montenau durch den Wolfsbusch verläuft und am Flusslauf der Amel entlang zurück nach Montenau führt. Schön ist es in dem knapp 350-Einwohner-Dorf. Die Häuser sind weiß gekalkt oder mit Eifeler Schieferbruch verziert, die Vorgärten sind gepflegt, und wenn der Wind richtig steht, riecht es nach dem köstlichen Ardenner Schinken, der hier hergestellt wird. Erik Wiesemes, der Bürgermeister der Gemeinde Amel, der Montenau angehört, bezeichnet den Tourismus hier als sanft. Wer das echte Ostbelgien erleben möchte, sei hier ganz richtig, findet er. Das Wort „Wolf“ im Namen Wolfsbusch komme nicht von ungefähr, erzählt Erik. Bis ins 19. Jahrhundert bevölkerten die Tiere das große Waldgebiet. Heute tummelt sich hier nur noch scheues Rot- und Schwarzwild.
Hier haben die Kelten vor knapp 2.000 Jahren Mühlsteine aus dem Felsen geschlagen und in die umliegende Region transportiert.
Schon die Römer und Kelten verbrachten viel Zeit an der Amel. Sie suchten damals nach Gold, wir suchen heute nach Ruhe und Entspannung.
Den Kelten auf der Spur
Den Kelten auf der Spur Der Wolfsbusch ist ein magischer und zugleich sonderbarer Ort. So vielseitig wie die Natur, die wir heute durchlaufen, sind auch die Geschichten, die sich um den Forst spinnen. Eine davon überliefert, dass die Steinbrüche, die heute noch im ganzen Gebiet zu finden sind, von Zwergen angelegt worden seien. Spuren der langbärtigen Waldbewohner wurden jedoch nie gefunden. Erik lehnt sich an einen auffällig runden Steinbrocken. „Hier haben die Kelten vor knapp 2.000 Jahren Mühlsteine aus dem Felsen geschlagen und in die umliegende Region transportiert.“ Einige Steine liegen immer noch im Wolfsbusch. Vielleicht stammen die runden Überreste in dieser Grube aber auch von den Römern, die nach den Kelten die Region besiedelten und die Steinbrüche weiter nutzten. Überhaupt übernahmen die Römer einiges von den Kelten, zum Beispiel auch die Goldfundstätten in den umliegenden Flüssen.
Mit dem Überqueren der Straße zwischen Wolfsbusch und Amel lassen wir die Fichten hinter uns und betreten eine andere Welt. Hohe Gräser, junge Eschen und Buchen, ausladende Ginsterbüsche und stachelige Disteln wachsen hier. Dicke trockene Wurzeln bilden verschnörkelte Muster auf dem schmalen Weg, links von uns fließt der Fluss. „Ein künstlicher Seitenarm der Amel“, erklärt Erik, „hier werden Forellen gezüchtet.“ Die „echte“ Amel lässt jedoch nicht lange auf sich warten. Ebenso wenig wie die Fichten, die einen schönen Kontrast zu den rosa, weiß und gelb blühenden Wildblumen bilden.
An der Goldwaschanlage in Montenau darf man das umliegende Geröll nach Gold durchsuchen.
„Während der römischen Besatzung soll in Gallien, zu dem Ostbelgien damals gehörte, so viel Gold gefunden worden sein, dass sich Julius Cäsar über die fallenden Goldpreise im Römischen Reich beschwert haben soll“, lacht Erik und fügt schnell hinzu, dass das historisch so wahrscheinlich nicht ganz korrekt sei.
Vor gut 100 Jahren wurde dann wieder nach Gold in Montenau gesucht, sogar einen kleinen Goldrausch hat es gegeben. Die großen Funde blieben jedoch aus. „Bis zu zehn Jahre hat ein Mann schürfen müssen, um seiner Frau einen Ehering aus Eifelgold zu schenken“, erzählt Erik. Heute ist das Goldgraben hier nicht mehr erlaubt. Damit man sich trotzdem wie ein echter Glücksritter fühlen kann, wurde in Montenau eine Goldwaschrinne nachgebaut, in der man das umliegenden Geröll nach Gold durchsuchen kann.
Hier an der Goldwaschanlage ist von den Vögeln nichts mehr zu hören. Die mögen es am liebsten ruhig, so wie auf ihrem Bergkamm mitten im Wolfsbusch.
Auf einer kleinen Waldlichtung nahe der Amel begegnen wir einem orangebraunen Rehbock. Er steht ganz ruhig da und lässt uns genug Zeit für ein Foto.
Lehpfade & Genusstouren
Wer draußen in der Natur gerne Wissen sammelt, für den sind auch die kurzen, informativen Lehrpfade interessant, die sich ganz verschiedenen Themen widmen – die meisten Touren machen der ganzen Familie Spaß. Durch besonders eindrucks-volle Lanschaften wiederum führen die Genusstouren, die in Ostbelgien ausgewiesen worden sind.